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Inländervorrang bald in weiteren Kantonen?

Nach dem Tessin plant nun die SVP des Kantons St. Gallen eine Volksinitiative zum Inländervorrang. Auch andere kantonale SVP-Sektionen wollen das prüfen.


Inländervorrang bald in weiteren Kantonen?

Nach dem Tessin plant nun die SVP des Kantons St. Gallen eine Volksinitiative zum Inländervorrang. Auch andere kantonale SVP-Sektionen wollen das prüfen.

Der Kanton Tessin beschloss am letzten Sonntag, inländische Arbeitskräfte bevorzugt zu behandeln. Dies sehr zum Unmut zahlreicher Bundesparlamentarier, die erst letzte Woche den «Inländervorrang light» beschlossen hatten und bezweifeln, dass sich der Tessiner Entscheid mit der Verfassung vereinbaren lässt, und befürchten, dass er die bilateralen Verträge gefährden könnte.

Nun aber soll auch der Kanton St. Gallen den Alleingang wagen. Wie der kantonale SVP-Präsident Walter Gartmann gegenüber 20 Minuten bestätigt, arbeitet die Partei «intensiv» an einer kantonalen Volksinitiative zum Inländervorrang. «Wir befinden uns hier in einer Grenzregion. Arbeitnehmer aus Österreich und aus Deutschland setzen unsere lokalen Arbeitskräfte unter Druck», sagt Gartmann. Spätestens nach dem Entscheid des Nationalrats, die Masseneinwanderungsinitiative (MEI) sanft umzusetzen, sei klar gewesen, dass man selber tätig werden müsse. Der Kanton hatte die MEI mit 56 Prozent angenommen. Entsprechend zuversichtlich ist Gartmann, dass die Initiative auf Anklang stossen dürfte. «Viele Bürger sind enttäuscht, dass der Nationalrat den Volkswillen nicht umgesetzt hat.»

Auch SVP Neuenburg, Obwalden und Aargau prüfen Initiative

Ob man sich bei der Umsetzung eher am Genfer oder dem härteren Tessiner Modell orientieren wolle, sei noch offen. «Das müssen wir in der Parteileitung noch genau überprüfen», so Gartmann. Die Unterschriftensammlung werde frühestens Anfang Jahr starten.

Auch die SVP Neuenburg plane Anfang 2017 die Lancierung einer Volksinitiative zum Inländervorrang, bestätigt Präsident Yvan Perrin. «Noch hoffen wir, dass der Ständerat in der Wintersession die Umsetzung der MEI verschärft. Andernfalls sind wir bereit.» Die SVP Obwalden wolle ebenfalls eine entsprechende Volksinitiative prüfen, sagt Präsidentin Monika Rüegger, ebenso die SVP Aargau: «Ich werde jetzt die Diskussion darüber in der Parteileitung anregen», sagt Thomas Burgherr. Und auch Marc Fuhrmann, Präsident der SVP Genf, will eine Volksinitiative prüfen: «Das Tessiner Modell geht weiter als das unsere.» Der Genfer Inländervorrang bezieht sich lediglich auf den öffentlichen und halb öffentlichen Sektor. Das Tessiner Modell schliesst auch den Privatsektor ein.

Für andere kantonale SVP-Sektionen ist eine kantonale Volksinitiative dagegen kein Thema. «Würden wir auf kantonale Lösungen setzen, wäre es nichts anderes als ein Eingeständnis an die Totengräber der direkten Demokratie», sagt Thomas Aeschi, Präsident der SVP Zug und Nationalrat. Thomas Hänggi, Präsident der SVP Kanton Schwyz, pflichtet bei: «Das Volk hat Ja gesagt zu einer schweizweiten Lösung. Da sind kleine Lösungen in den Kantonen fehl am Platz.» Ausserdem gehe ihm der Inländervorrang des Kantons Tessin zu wenig weit. Auch bei der SVP Zürich ist ein solches Unterfangen kein Thema, wie Präsident Konrad Langhart sagt. Man werde abwarten und schauen, wie sich die Sache in Tessin weiterentwickeln werde. Der Entscheid sei gewiss schwierig umsetzbar.

«Inländervorrang verletzt Freizügigkeitsabkommen»

Christa Tobler vom Europainstitut der Universität Basel warnt: «Ein Inländervorrang ist grundsätzlich eine Verletzung des Freizügigkeitsabkommens, da vor allem ausländische Arbeitskräfte diskriminiert werden.» Beim Tessiner Modell sei dies eindeutig der Fall, da explizit einheimische Personen bevorzugt werden sollen. Doch auch der etwas sanftere Inländervorrang, wie er in Genf praktiziert wird, sei «europarechtlich problematisch». Dort gilt: Unternehmen müssen freie Stellen beim regionale Arbeitsvermittlungszentrum melden. Eine Absage müssen die Unternehmen schriftlich begründen. Und: Im Inland Wohnhafte müssen gegenüber Personen aus dem Ausland bevorzugt behandelt werden. Insbesondere der letzte Punkt sei heikel.

Dass der Tessiner Entscheid vom Parlament akzeptiert wird, bezweifelt Europarechtsexpertin Tobler. Bei aussenpolitischen Angelegenheiten seien die Kantone nicht souverän. «Solche Entscheide fallen in die Kompetenz des Bundes.»
 

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